Syrien : Jeder Gegen Jeden ?
Nach dem Treffen von Erdogan und Putin nehmen Assads Truppen nun aufeinmal kurdische Stellungen ins Visier.
von Freddy Kühne
Dies ist eine sehr auffällige Wendung, da Assad bisher die Kurden als Partner im Kampf gegen die radikalen Islamisten behandelt hat.
Hinzu kommt, dass die Kurden als Partner Westeuropas und der USA agieren – was widerum Erdogan missfällt.
Nun fällt Erdogan mit der Wendung zu Putin hin dem Westen erneut in den Rücken.
Man darf dies durchaus in einem Gesamtzusammenhang sehen – von der Armenien-Resolution des Bundestags über das sogenannte Flüchtlingsabkommen bis hin zu der militärischen Unterstützung der Kurden durch Deutschland und die USA: in diesem gesamten Konglomerrat an Interessen will der Islamist Erdogan mit aller Macht die Entstehung eines eher säkularen Kurdenstaats verhindern.
Die Kurden waren traditionell jedoch eher Verbündete Russlands…
Während die Türkei eher die Verbündeten des Westens waren – dies jedoch eher unter einem laizistischen türkischen Regierungssystem.
Doch je mehr Erdogans AKP sich dem Islamismus verschreibt und den Laizismus von Atatürk rückabwickelt – desto stärker entfernt sich die Türkei von den Werten des Westens.
Sowohl Putin als auch Erdogan sehen sich als vom Westen Bestrafte und Verratene an – daher koalieren sie momentan in einer Art Zweckbündnis: der Angriff Assads auf die Kurden kann , möglicherweise von Moskau angeordnet, eine Folge dieses Zweckbündnisses sein.
Der Westen – allen voran die EU – jedoch haben durch die in der Türkei erzwungene Demokratisierung erst den Aufstieg der Islamisten der AKP an die Macht ermöglicht – und sich damit selbst langfristig einen Bärendienst erwiesen: erst die durch die EU geförderten und geforderten Demokratisierungsprozesse nach westeuropäischem Muster und damit durch das Abschaffen der Wächter-Funktion der türkischen Armee über den Laizismus als Erbe Atatürks, haben Erdogan – der einst von türkischen Gerichten zu 20 Jahren Politikverbot verurteilt wurde – und seiner AKP zur Macht verholfen.
Erdogan selbst sagte, dass die Demokratie nur der Zug sei, auf dem die Islamisten aufstiegen um an die Macht zu gelangen – und die Moscheen seien ihre Bajonette: so steuert das direkt dem türkischen Ministerpräsident unterstellte Religionsamt sowohl die Ausbildung aller türkischen Imame, als auch deren Ernennung und Entsendung – im In- und Ausland. Diese türkische Religionsbehörde verfügt über einen gigantischen Etat, beschäftigt 100.000 Mitarbeiter – gibt Lehrpläne und Predigten für die Ditib-Verbände auch in Deutschland vor – und finanziert den Bau und den Betrieb aller dieser Moscheevereine.
Eine Trennung zwischen Religion und Politik existiert also noch nicht einmal auf dem Papier – im Gegenteil: Politik und Religion verschmelzen im Islam – selbst in der Türkei – und erst Recht unter Erdogan.
Zurück zum Syrien-Krieg: wenn Russland, Europa und die USA sich nicht endlich zu einem gemeinsamen Vorgehen verständigen, könnte die aktuelle Entwicklung zu einem absolut chaotischen “Jeder-kämpft-gegen-Jeden”-Szenario führen – mit absolut unvorhersehbaren und chaotischen Folgen.
Wohlmöglich haben sich aber längst Syrien, Russland, und die Türkei auf ein gemeinsames Vorgehen verständigt – vor allem auf Kosten der Kurden, die dabei der größte Verlierer werden könnten.
Der Türkei indes geht es nicht um Europa, nicht um Syrien und nicht um Russland: die türkische Regierung versucht mit allen Tricks der Macht in allen Bereichen das Maximum für die nationalistisch-islamistische Politik der AKP herauszuholen.
Friedensverhandlungen mit den Kurden dienten nur dem Zwecke der Zeitgewinnung.
Flüchtlingsabkommen mit Europa dienen nur dem Zwecke der Geldeinnahme und als Erpressungspotential gegenüber europäischen Regierungen für andere Ziele wie die Visa-Erleichterungen oder den EU-Vollbeitritt.
Abkommen mit Russland und Assad dienen nur dem Verhindern eines autonomen Kurdenstaates.
Die Türkei ist also kein Partner, dem – wie es dem europäischen Verständnis von Partnern entspricht – an einem austarierten Geben und Nehmen interessiert ist, sondern unter der AKP Regierung ist die Türkei zu einem brutalstmöglichen Maximierer nationalistischer türkischer Interessen avanciert – der jede Schwäche der anderen Seite weitestgehend wie möglich ausnutzt – inklusive erpresserischer Methoden.
Ein solcher unberechenbarer türkischer Staat nach machiavellistischer Art, der auf dem Weg in ein islamistisch-sunnitisches Sultanat auch zur Beseitigung von Presse- und Meinungsfreiheit bereit ist Zehntausende Richter, Journalisten, Staatsanwälte, Soldaten, Verwaltungsangestellte und Lehrer zu entlassen und zu verhaften und gar die Todesstrafe rückwirkend einführen will , ein solcher türkischer absolutistisch-islamistischer Staat hat keinerlei Berechtigung zum Eintritt in eine Europäische Union und sollte am besten auch gleich die Nato verlassen.
Denn sowohl Nato- als auch eine mögliche EU-Mitgliedschaft nutzt die Türkei lediglich für die Maximierung ihrer eigenen Interessen – im In- und Ausland – ohne im Gegenzug Rechtsstaatlichkeit, Presse- , Glaubens- und Meinungsfreiheit zu ermöglichen.
Die türkische Oppostion spielt in Ankara dabei dieselbe Rolle wie auch die Opposition in Deutschland: so wie Schwarz-Rot-Grün-Gelb-Dunkelrot in Deutschland in Fragen der Euro-Politik einen gemeinsamen Betonblock bilden – so ähnlich sieht es auch im türkischen Parlament aus, wenn es um Fragen wie den Genozid an Armeniern oder um die Unterdrückung der Kurden geht.
Historischer Nachschlag zu Syrien, Byzanz und Libanon:
Syrien: dies war seit dem vierten Jahrhundert eine christliche Nation – wurde später ab dem 7. Jahrhundert zwangsislamisiert – und noch 1920 gab es ca. 30 Prozent christliche Syrer.
Die meisten von diesen sind aber inzwischen nach Libanon, Schweden und in die USA ausgewandert, sodass auch hier – ebenso wie zuvor im christlichen Byzanz (der heutigen Türkei) einstmals christliche Nationen durch die typisch islamischen Taktiken der Takkiya bzw. der systematischen Benachteiligungen Andersgläubiger durch Kopfsteuer usw. islamisiert worden sind.
Europa steht seit dem 21. Jahrhundert im übrigen genau vorderselben Herausforderung wie die ehemals christlichen Nationen Byzanz, Syrien und Libanon.