Die Entwicklung vom Smarten Netz zur vollautomatisch-elektronischen politischen Totalüberwachung ist nur ein schmaler Grat
Von Freddy Kühne
Haben Sie sich schon mit der neuen 5G Technologie auseinandergesetzt ?
Viele Technologien , die die Menschheit nach vorne brachten, wurden häufig zuerst im militärischen Bereich entwickelt – und dort eingesetzt. Und nicht alle Technologien dienten stets zuerst dem Fortschritt und der Freiheit der Bürger.
Anfang des 20. Jahrhunderts beispielsweise wurde die damals neue Radio- und Filmtechnologie für Propaganda der Regierung eingesetzt – in Deutschland, wie auch in allen anderen Ländern Europas.
Wenn Sie alt genug sind, erinnern Sie sich vielleicht auch noch hieran : An die riesigen elektronischen Abhöranlagen an der früheren deutsch-deutschen Grenze zwischen der Bundesrepublik und der DDR . Mit Richtfunk konnten nicht nur Bürger im Bereich desselbigen abgehört und überwacht werden. Mit den großen mit weißem Stoff überspannten kugelförmigen Anlagen , wie es sie zum Beispiel auf Hessens höchstem Berg – der Wasserkuppe – gab, wurde auch der Militär- und Behördenfunk der Gegner abgefangen.
Heute ist man technologisch viel weiter: Mit entsprechenden Abhöranlagen auf Dächern oder aber auch Datenabsaugstellen an Internetknotenpunkten – auf die uns erst Edward Snowden Weiterlesen →
Die völlig überdimensionierte Spionage der sogenannten 5 Augen – darunter versteht man den Spionageverbund der englischsprachigen Länder USA, Großbritannien, Australien, Neuseeland und Kanada`s – erscheint aus hiesiger deutscher Sicht wie die Hybris der Sieger des zweiten Weltkriegs, da – so die deutsche Sicht – selbst befreundete Länder wie Deutschland – ausgespäht worden sind und auch noch werden. Die in den Berliner Botschaften der USA und Großbritannien vermuteten Abhöranlagen haben vermutlich gezielt – neben den Botschaften anderer Länder- auch den deutschen Regierungsapparat und die Ministerien abgehört.
Wer sich bisher als Freund der USA und Großbritanniens verstand, der fühlt sich so hintergangen, vor den Kopf gestoßen und brüskiert und bloßgestellt. Die Lehre aus dem zweiten Weltkrieg – so jedenfalls unser deutsches Verständnis – sollte statt Konfrontation und Misstrauen zwischen den Ländern die Völkerfreundschaft und Partnerschaft auf Augenhöhe vertiefen. Hierzu sollte die Integration in Nato und die Europäische Union (EU) dienen. Die verschiedenen Interessenslagen – die selbstverständlich natürlicher Teil der Nationen sind – sollten so auf diplomatischem und partnerschaftlichem Weg geregelt werden. Grundlage für Partnerschaft und Vertrauen sind aber Respekt und Würde.
Das gezielte Abhören von Partnern untergräbt diesen Respekt, untergräbt die Würde und damit das Vertrauen, das in einer Partnerschaft notwendig ist. In dieser Vorgehensweise scheint die Hybris der Siegermentalität einiger westlicher Alliierter deutlich zu werden – und zugleich wird die panische Überreaktion auf die Attentate der islamistischen Terroristen auf das World Trade Center deutlich.
Die völlig überzogene und überdimensionierte Aufzeichnung von globalen elektronischen Daten schränkt zudem die hart erkämpften Bürgerrechte – die Civil Rights – ein, verletzt die Privatsphäre und den Datenschutz.
So sollte die neue Bundesregierung der Bundesrepublik nun auf dem Verhandlungswege alles daran setzen, die Spionageaktivitäten anderer Länder auf dem Territorium Deutschlands einzuschränken und die grundgesetzlich garantierten Freiheits- und Bürgerrechte wieder herzustellen. Ebenso sollte die Bundesregierung in Zusammenwirken mit den deutschen Technologieführern der Industrie und der Telekommunikations- und Netzbranche die Entwicklung von Verschlüsselungssystemen und autarken Übertragungssystemen voranzutreiben. Hier liegt ein großes wirtschaftliches Potential – das auch als Exportmöglichkeit zu nutzen wäre.
Zudem muss die neue Bundesregierung die gerade erst beschlossene Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung auf den Prüfstand stellen – besser noch – solange aussetzen, bis gerichtlich und auch auf europäischer Ebene geklärt ist, inwieweit ein solches Speicherinstrument überhaupt gesetzlich zulässig ist. Dies fordert auch die EU-Kommission, nachdem ein Gerichtsgutachten an der Vorratsdatenspeicherung starke Kritik übt. Das Gutachten des europäischen Gerichtshofs kommt zu dem Schluss, dass die Vorratsdatenspeicherung gegen die europäische Grundrechtscharta verstößt.
Die Spionage durch amerikanische Unternehmen in Deutschland sind viel intensiver als bisher zugegeben wurde – und finden seit 2003 mit Genehmigung der Bundesregierung statt, die bisher so reagierte, als wüßte sie von nichts. Dann aber plötzlich besuchte Bundesinnenminister Friedrich demonstrativ die USA, um anschließend dann von einem „Supergrundrecht“ Sicherheit zu sprechen, dass die Super-Spionage angeblich rechtferigen könnte. Allein schon diese demonstrative Reise und diese Aussage des „Supergrundrechts“ in Kombination mit der Körpersprache des Ministers bei dieser Aussage und die massive Inschutznahme der USA machte mißtrauisch. Und dieses Mißtrauen bestätigt sich nun als richtig. So berichtet das ZDF davon, dass ein Regierungspapier aus 2011 über 200 US-Firmen die Spionagetätigkeit erlaubt. Dies soll aber schon seit 2003 der FAll sein. Trotzdem gab sich die Regierung zunächst einmal ahnungslos.
Das XKeyscore-Spionageprogramm soll zudem auch über die Eigenschaft verfügen, User in Echtzeit zu kontrollieren, so berichten The Guardian undSpiegelund beziehen sich dabei auf Aussagen des Whistleblowers Snowden.
Auch der abgebrühte Auftritt von Keith Alexander – mit den weit aufgerissenen Augen und der angespannten zu Falten gerunzelten Stirn – und seinem überlegenen Lächeln beim Abgang – macht mißtrauisch.
Die Totale Kontrolle ist dabei keine Vision – sondern tatsächlich realistisch. Und die Kontrolle der Geheimdienste durch die Parlamente und Parlamentsausschüsse scheint aus den Fugen geraten zu sein: die Geheimdienste rücken kaum mit Informationen heraus – auch nicht an die dafür in die Ausschüsse entstandten Abgeordneten. Daher stellt sich die Frage, inwieweit die Geheimdienste sich zu einer selbstständigen und unkontrollierten und unkontrollierbaren Einrichtung zu entwickeln drohen. Terrorbekämpfung dient hier möglicherweise als Rechtfertigung – oder aber auch nur als Vorwand.
Diese ganze Geschichte macht das Wirken der Geheimdienste unheimlich für uns Bürger – unheimlich unkontrollierbar. Bedenkt man zudem das „Versagen“ der Geheimdienste in Sachen „National-Sozialistischer Untergrund NSU“ – sowie die bis dato nicht stattgefundene Informationspolitik seitens der Verfassungsschutzebenen – inklusive berichteter Aktenvernichtung – kann das Vertrauen in den Rechtsstaat stark erschüttert und nachhaltig zerstört werden.
Daher ist zum Einen rigorose Aufklärung nötig, zum Andern stärkere und effizientere parlamentarische Kontrolle durch die gewählten Parlamentarier unverzichtbar und drittens muss eine kontrollierbare stärkere Beschränkung der Datensammellei zum Schutze der unschuldigen Bürger und zum Schutze der Grundrechte durchgesetzt werden.
Zudem müssen mehr als 70 Jahre nach Kriegsende die Sonderregelungen für Alliierte, die ihnen die Spionagetätigkeiten erlauben, auslaufen. Es wird Zeit, dass Deutschland seine Souveränität auch in dieser Hinsicht zurückerlangt und durchsetzt.